Die Rezeption Kafkas als eines Autors der modernen deutschsprachigen Literatur und der literarischen Moderne überhaupt erfolgt in China vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit der “westlichen” und der eigenen literarischen Moderne.
Mein Vortrag zeichnet die Rezeptionsgeschichte Kafkas in China seit der Öffnungspolitik 1978 nach und deckt die Dispositionen auf, an die auch die chinesische Rezeption der westlichen literarischen Moderne insgesamt anschließt. Kafkas Werk provoziert ein neues ästhetisches Bewusstsein und verlangt eine aktive Anteilnahme des Lesers. Die Beschäftigung mit seinem Werk fordert die konventionellen Normen der chinesischen literaturwissenschaftlichen Forschung heraus und stellt den mit einem traditionellen Realismus vertrauten Leser vor neue Aufgaben. So ist die Geschichte der Kafka-Rezeption auch ein Spiegelbild des Wandels von literarischen Normen, ästhetischem Bewusstsein, dem Erwartungshorizont und der Entwicklung der Literaturforschung in China überhaupt.